Schweizer Landwirtschaft in Zeiten von Corona
Die ganze Welt wurde 2020 durch die Corona-Pandemie durchgeschüttelt. Dies hat auch vor der hiesigen Landwirtschaft nicht Halt gemacht. Auf Ungewissheit folgten In- formationen und Unterstützungsmassnahmen durch das BLW. Dank dem schnellen Handeln aller Akteure der Nahrungsmittelkette war die Versorgung mit Lebens- und Produktionsmitteln in der Schweiz stets sichergestellt.
Phase der Unsicherheit und Ernährungssicherung
Am 8. Januar 2020 gab die Weltgesundheitsorganisation (WHO) das Auftreten einer neuen Form des Coronavirus in China bekannt, am 25. Februar 2020 wurde der erste positive Fall im Tessin festgestellt. Das BLW berief in der Folge am 3. März 2020 sei- nen Krisenstab für die Land- und Ernährungswirtschaft ein.
Das BLW hat auf seiner Homepage regelmässig aktualisierte FAQs zu COVID-19 und der Landwirtschaft aufgeschaltet.
Die erste Phase der COVID-19-Krise aus der Perspektive der Land- und Ernährungs- wirtschaft galt der Ernährungssicherung in der Schweiz. Während dieser Phase der Unsicherheit nahm das BLW seine Rolle insbesondere in der Koordination und Bereit- stellung von Informationen zugunsten der Branche, Kantone und Bevölkerung wahr. Ein Team aus Expertinnen und Experten des BLW tauschte sich täglich über die zahl- reich eingegangenen Fragen aus und traf Abklärungen mit weiteren Bundesämtern um diese zu beantworten. Die Informationen wurden u.a. auf der Homepage des BLW in Form von FAQs bereitgestellt. Die Fragen drehten sich insbesondere um die Einreise von Erntehelfern, die Einhaltung der Hygieneregeln in der Landwirtschaft, den Verkauf von Setzlingen, die Durchführung von Wochen-, Vieh- und Schlachtviehmärkten und die Frage nach Kurzarbeit und Entschädigungen in der Landwirtschaft.
Der Einfluss von COVID-19 auf die verschiedenen Bereiche der Landwirtschaft (Gesundheit, Verkauf, Arbeit auf dem Betrieb, Versorgung, Kontrollen, Finanzielles, Tiere) hat sich auch in der Vielzahl der eingegangenen Fragen widergespiegelt.
Unterstützungsmassnahmen bieten – Märkte stabilisieren
Die Phase der Ernährungssicherung ging im April 2020 über in eine Phase, in der die Stabilisierung der Märkte entscheidend war. Durch den Lockdown im März, die an- schliessend verfügten Massnahmen des Bundesrats und den daraus entstandenen Einbruch des Horeca-Kanals (Hotels, Restaurants, Caterings) fielen wichtige Absatz- kanäle weg. Gleichzeitig führte der Wegfall des Einkaufstourismus in einigen Berei- chen zu Mehrkonsum. Ein schnelles Umdenken und Handeln seitens der Branche war notwendig, um grössere Verluste zu vermeiden. Soweit möglich, wurden Produkte in den Detailhandel umgeleitet. Auch galt es für die Landwirtinnen und Landwirte, inno- vative Ideen bei der Suche nach neuen Absatzkanälen umzusetzen. So nahmen in dieser Phase die Direktvermarktungsangebote deutlich zu: Online-Handel, Hofläden, einzelne Marktstände und Lieferservice.
Die Direktvermarktungsangebote haben während COVID-19 deutlich zugenommen.
Das BLW bot seinerseits Unterstützung bei der Erstellung von Schutzkonzepten und ergriff eine Reihe von Unterstützungsmassnahmen zugunsten der Branche. Dazu ge- hörten z.B. die frühere Akontozahlung von Direktzahlungen und Marktentlastungs- massnahmen.
Unterstützungsmassnahmen des BLW zugunsten der Land- und Ernährungswirtschaft während COVID-19
Unterstützungsart | Massnahme | Kosten Staat | Rechtliche Grundlage |
Direktzahlungen | Frühere Akontozahlung von Direktzahlungen | Keine zusätzlichen Kosten | Direktzahlungsverord- nung (AS 2013 4145) |
Betriebshilfen | Betriebshilfen | Umlagerungen im Rahmen der budgetierten Mittel | Landwirtschaftsgesetz (AS 1998 3033) |
Steuerung des Import- und Teilzollkontingents | Erhöhung Teilzollkontingent: Butter, Konsumeier | Keine zusätzlichen Kosten | COVID-19-Verordnung Landwirtschaft (AS 2020 1141) |
Steuerung des Import- und Teilzollkontingents | Flexibilisierung Importregelung Fleisch | Keine zusätzlichen Kosten | COVID-19-Verordnung Landwirtschaft (AS 2020 1141) |
Marktentlastungsmassnahmen – Nachtragskredit | Kalbfleischeinlagerungen | 3 Mio. Fr. | Schlachtviehverordnung (SR 916.341) |
Marktstabilisierungsmassnahmen | Deklassierung von AOC-Wein zu Tafelwein | 10 Mio. Fr. | COVID-19-Verordnung Deklassierung von Wein (SR 916.141) |
Kontrollen | Lockerung von Kontrollen importierter Lebensmittel | Keine zusätzlichen Kosten | COVID-19-Verordnung Landwirtschaft (AS 2020 1141) |
Kontrollen | Fallbedingte Anpassung der Kontrollen | Keine zusätzlichen Kosten | Direktzahlungsverord- nung (AS 2013 4145) |
Der Weg zur neuen Normalität
Trotz steigender Fallzahlen im Herbst 2020 kam es in der Folge zu keinen schwerwie- genden Beeinträchtigungen für die Land- und Ernährungswirtschaft. Dies war u.a. da- rin begründet, dass aufgrund der Jahreszeit bestimmte Probleme aus der ersten Welle wegfielen (z.B. Einreise Erntehelfer) und die Branche besser auf Verschiebungen der Absatzkanäle vorbereitet war. Not- und Marktstabilisierungsmassnahmen durch das BLW waren in dieser Phase nicht notwendig. Die Anfragen ans BLW gingen zurück. Koordinationsbedarf zeigte sich in dieser Zeit insbesondere in Bezug auf die unter- schiedlichen Quarantänemassnahmen zwischen den Kantonen.
Learnings aus der Krise – ein Blick nach vorne
COVID-19 hat die Land- und Ernährungswirtschaft 2020 auf den Prüfstand gestellt. Durch die schnelle und pragmatische Reaktion der einzelnen Akteure in der Nahrungs- mittelkette konnte verhindert werden, dass sich aus der Gesundheitskrise zusätzlich eine Ernährungskrise entwickelt. Einige Elemente, die zur positiven Bewältigung der Situation beigetragen haben, sind es wert, in eine Zeit nach der Krise übernommen zu werden. Dazu zählen auf Seite Landwirtschaft u.a. die Digitalisierung und Diversifizie- rung der Absatzkanäle. Eine wichtige Rolle spielt dabei auch der Wandel beim Kauf- verhalten der Konsumentinnen und Konsumenten. Letztere schwenkten während der Krise vermehrt auf lokale Produkte um und suchten Hofläden in ihrer Nähe auf.
Alle diese Elemente haben dazu beigetragen, während der Krise die lokale Versorgung sicherzustellen, Food-Waste zu vermeiden, das Image der Schweizer Landwirtschaft zu fördern und die Resilienz des Schweizer Ernährungssystems zu stärken.
Sabine Vögeli, Fachbereich Produktionssicherheit und Tierernährung
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