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Landschaftselemente wie Gehölze, Steinhaufen, Säume oder Kleingewässerhaben eine grosse Bedeutung für die Biodiversität. Solche Strukturen sind nötig, um die Bedürfnisse verschiedener Tiere und anderer Arten zu erfüllen. Das Forum Biodiversität hat 2020 gemeinsam mit Fachleuten das bisher verstreut vorhandene Wissen zur Bedeutung und Entwicklung von Strukturen zusammengetragen und mögliche Stossrichtungen beschrieben, um sie im Rahmen der Agrarpolitik verstärkt zu fördern.

Biodiversitätsfördernde Strukturen sind punktuelle, lineare oder flächige Elemente der Landschaft von unterschiedlicher Grösse, Material und Aufbau mit einer hohen Bedeutung für die Biodiversität. Dazu gehören Gehölze, Totholz (z. B. Asthaufen) und Steinstrukturen (z. B. Trockenmauern, Steinhaufen), Säume, Kleingewässer, Feuchtstandorte, offene Bodenstellen und Ruderalflächen, abwechslungsreiches Geländerelief sowie künstliche Strukturen (z. B. Nisthilfen).
 

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Eine grosse Anzahl und Vielfalt an punktuellen, linearen und flächigen Strukturen sind von grosser Bedeutung für die Biodiversität in der Landwirtschaft. Fotos: Gregor Klaus

Bedeutung von Strukturen

Biodiversitätsfördernde Strukturen sind von grosser Bedeutung für zahlreiche Tier- und Pflanzenarten. Für viele Arten wie z. B. Wiesel oder Wildbienen sind sie sogar unerlässlich. Denn als Sonderstandorte erhöhen Strukturen das Lebensraumangebot, bieten Fortpflanzungs- und Rückzugsmöglichkeiten und fördern die Vernetzung. So erhöhen Strukturen zum Beispiel die ökologische Qualität von extensiv genutzten Wiesen (BLW 2019).

Von Strukturen profitieren auch Bestäuber und andere Nützlinge und damit die landwirtschaftlichen Kulturen. So ziehen Wiesel, welche zahlreiche Mäuse fressen, ihren Nachwuchs unter anderem in Ast- oder Steinhaufen auf. Viele Strukturen wie Trockenmauern haben auch einen kulturhistorischen Wert.
 

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Aufmerksam beobachtet ein Wiesel von einer Trockenmauer aus die Wiese. Foto: Ueli Rehsteiner

Entwicklung von Strukturen

Als Ergebnis natürlicher Prozesse und landwirtschaftlicher Tätigkeiten entstanden über Generationen hinweg ortstypische Strukturen in einer grossen Menge und Vielfalt. Bis Mitte des 20. Jahrhunderts war unsere Kulturlandschaft deshalb reich an Strukturen. Seither gingen sowohl deren Zahl wie deren Vielfalt markant zurück. Dieser Rückgang ist insbesondere auf Nutzungsintensivierungen, u. a. im Rahmen von Meliorationen, aber auch auf Nutzungsaufgaben zurückzuführen. Gut dokumentiert sind die enormen Abnahmen von Hochstamm-Feldobstbäumen, Kleingewässern und Feuchtstandorten. Lokal sind aber auch Zunahmen gewisser Strukturtypen festzustellen etwa dank Biodiversitätsförderflächen, Vernetzungs- und Landschaftsqualitätsprojekten oder Gewässerrevitalisierungen.
 

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Die strukturreiche Landschaft um 1972 (oben) bot einer grossen Zahl an Arten Lebensraum. Die gleiche Landschaft um 2002 (unten) hat ihr Kleinrelief und damit unzählige Lebensräume verloren. Fotos Klaus Ewald.


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Die Verluste an Strukturen finden rasch oder schleichend statt, sind insgesamt aber massiv. Der gleiche Landschaftsausschnitt um 1971 (oben) und 2018 (unten). Fotos: Klaus Ewald.

Förderung von Strukturen

Einige Typen von Strukturen werden bereits heute im Rahmen der Agrarpolitik gefördert. Zudem setzen Organisationen und Labelprogramme zusammen mit Landwirtinnen und Landwirten Massnahmen zur Förderung von Strukturen um (z. B. Obstgarten Farnsberg).

Damit viele Arten des Landwirtschaftsgebietes profitieren, ist aber eine Vielzahl und Vielfalt von standorttypischen Strukturen nötig. Deshalb kann eine verstärkte Förderung von Strukturen bedeutende Lücken im Biodiversitätsfördersystem schliessen und zur Erreichung der Umweltziele Landwirtschaft beitragen.

Das Forum Biodiversität hat dafür gemeinsam mit Fachleuten aus Bundes- und kantonalen Behörden, landwirtschaftlicher Forschung und Beratung, Verbänden und weiteren Institutionen sowie mit finanzieller Unterstützung des BLW Stossrichtungen eruiert, um Strukturen im Landwirtschaftsgebiet verstärkt zu fördern. Der daraus entstandene Bericht (Guntern et al. 2020) schlägt rund 60 Massnahmen in den Bereichen «Bildung, Beratung, Information», «Betrieb», «Region» und «Strukturverbesserungen» vor, die hinsichtlich ihrer Wirksamkeit für die Biodiversität, der Vollzugstauglichkeit sowie der Akzeptanz beurteilt wurden.

Prinzipiell sollte die Förderung von Strukturen regional angepasst erfolgen und auf die zu fördernden Arten ausgerichtet werden. Die Beratung spielt deshalb eine zentrale Rolle. Für einige Strukturtypen wurden im Bericht Empfehlungen zur benötigten Anzahl/Dichte zusammengetragen. Grundsätzlich sind grössere und ältere Strukturen wertvoller als kleinere und neu angelegte. Strukturen in der Nähe wertvoller Lebensräume oder Strukturen desselben Typs sind wertvoller als einzelne isolierte Strukturen.

Praxistaugliche Informationen zur wirksamen Anlage biodiversitätsfördernder Strukturen stellt die Internetplattform «Biodiversität auf dem Landwirtschaftsbetrieb» in Form von Merkblättern und Filmen zur Verfügung.
 

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Kombinationen von grosszügigen Strukturen wie Ast- und Steinhaufen, Strauchgruppen und offenen Bodenstreifen mit Biodiversitätsförderflächen im Projekt «Obstgarten Farnsberg» sind für die Biodiversität besonders wertvoll. Foto: BirdLife Schweiz

Weiterführende Literatur

Agridea 2017. Biodiversitätsfördernde Strukturen in der Landwirtschaft. Eine Übersicht zu Strukturelementen gemäss Direktzahlungsverordnung (DZV). https://agridea.abacuscity.ch/de/~1973

Agridea 2017. Kleinstrukturen auf Biodiversitätsförderflächen entlang von Fliessgewässern. https://agridea.abacuscity.ch/de/~1778

BLW (2019) Evaluation der Biodiversitätsbeiträge. Bundesamt für Landwirtschaft, Bern. https://www.blw.admin.ch/dam/blw/de/dokumente/Instrumente/Direktzahlungen/Biodiversitaetsbeitraege/evaluation-biodiversitaetsbeitraege-schlussbericht.pdf.download.pdf/Evaluation_Biodiversitaetsbeitraege_Schlussbericht_191010.pdf

Guntern, J., Pauli, D., Klaus, G. 2020. Biodiversitätsfördernde Strukturen im Landwirtschaftsgebiet. Bedeutung, Entwicklung und Stossrichtungen für die Förderung. Forum Biodiversität Schweiz (SCNAT), Bern. https://biodiversitaet.scnat.ch/publications/other_publications.

Jodok Guntern und Daniela Pauli, Forum Biodiversität Schweiz
Jérôme Frei, BLW, Fachbereich Agrarumweltsysteme und Nährstoffe

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