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Der erste Erhebungszyklus des Monitoring-Programms ALL-EMA wurde Ende 2019 abgeschlossen. Damit sind erstmals Aussagen zum Zustand der Biodiversität in der Agrarlandschaft möglich. Die Ergebnisse zeigen, dass die Arten- und Lebensraumvielfalt im Flachland niedriger ist als im Berggebiet. In Biodiversitätsförderflächen ist die Vielfalt höher als in vergleichbaren Flächen; sie steigt mit dem Qualitätsniveau der Flächen.

Agroscope betreibt das Monitoring-Programm ALL-EMA («Arten und Lebensräume Landwirtschaft – Espèces et milieux agricoles», www.allema.ch) im Auftrag von BLW und BAFU, und beobachtet damit den Zustand der Biodiversität in der Agrarlandschaft. Dank der Zusammenarbeit der beiden Bundesämter beinhaltet ALL-EMA, zusätzlich zum eigentlichen Monitoring, eine Verknüpfung zu den agrarpolitischen Instrumenten: Die Verdichtung der Stichprobe auf Biodiversitätsförderflächen (BFF) ermöglicht den Vergleich mit Referenzflächen und ermöglicht es, aus der systematischen Beobachtung der Biodiversität auch Schlussfolgerungen für die Verbesserung biodiversitätsfördernder Massnahmen zu ziehen. Die Datenerhebung in ALL-EMA erfolgt in mehreren Fünf-Jahres-Zyklen. Der erste Zyklus (2015–2019) ist abgeschlossen und der zweite ist in Gang (2020–2024). Die Erhebung deckt insgesamt 170 Untersuchungsquadraten à 1 km2, verteilt über die landwirtschaftlichen Zonen und die Hauptregionen der Umweltziele Landwirtschaft.
 

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Die Lebensraum- und Pflanzenkartierung von ALL-EMA wird ergänzt mit Daten zu Tagfaltern und Brutvögeln, die in den gleichen Untersuchungsquadraten im «Biodiversitätsmonitoring Schweiz (BDM)» vom BAFU und im «Monitoring Häufige Brutvögel der Schweiz (MHB)» erhoben werden.

Biodiversitätsvielfalt in tieferen Lagen niedriger

Zur Beschreibung des Zustands der Arten- und Lebensraumvielfalt wurden verschiedene Biodiversitätsindikatoren analysiert, welche im nun vorliegenden Bericht zum Zustand der Biodiversität der Schweizer Agrarlandschaft (Meier et al. 2021) detailliert beschrieben sind. Sie zeigen, dass die Diversität der Arten- und Lebensraumvielfalt in tieferen Lagen deutlich niedriger ist als in höheren Lagen, obwohl man aufgrund des naturräumlichen Potenzials das Gegenteil erwartet hätte. Der Hauptgrund für dieses deutliche Defizit in tieferen Lagen steht vermutlich im Zusammenhang mit der erhöhten Landnutzungsintensität. Diese Beobachtung wird gestützt durch den Indikator «Mittlere Nährstoffzeigerwerte der Pflanzenarten in Probeflächen», welcher in den tieferen Lagen am höchsten ist. Bei hohen Nährstoffeinträgen werden Pflanzen, die an nährstoffarme Lebensbedingungen angepasst sind, durch stickstoffliebende Arten verdrängt. Dadurch kann es zu einer Vereinheitlichung der Vegetation und folglich zu einem Rückgang der Artenvielfalt kommen.
 

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Biodiversitätsindikatoren «Anzahl Pflanzenarten auf lokaler Ebene (pro 10 m2)» in der Agrarlandschaft pro Untersuchungsquadrat. Durchschnitt ± Standardfehler.


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Biodiversitätsindikator «Anzahl Lebensraumtypen auf Landschaftsebene (pro 1km2)» in der Agrarlandschaft pro Untersuchungsquadrat. Durchschnitt ± Standardfehler.


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Biodiversitätsindikator «Mittlere Nährstoffzeigerwerte der Pflanzenarten (pro 10 m2)» in der Agrarlandschaft pro Untersuchungsquadrat. Durchschnitt ± Standardfehler.

Förderkonzept der Biodiversitätsbeiträge zeigt seine Wirkung

Die Daten waren zentral für die Evaluation der Biodiversitätsbeiträge. Um die Wirksamkeit der Biodiversitätsbeiträge zu beurteilen, führte ALL-EMA gezielte Erhebungen in den Biodiversitätsförderflächen der Qualität 1 und 2 (BFF Q1 und Q2) durch. Die Ergebnisse zeigen, dass das Förderkonzept wirkt. In BFF Q2 ist die Arten- und Lebensraumvielfalt am höchsten, in BFF Q1 tiefer, und in vergleichbaren Kontrollflächen ausserhalb der BFF am tiefsten. Der Unterschied in der Arten- und Lebensraumvielfalt zwischen BFF und Kontrollflächen nimmt von der Talzone zum Sömmerungsgebiet ab. In tieferen Lagen, wo die Landnutzung allgemein intensiv ist, ist die Arten- und Lebensraumvielfalt der extensiver bewirtschafteten BFF deutlich höher. Die Bedeutung der BFF ist aber auch in höheren Lagen gross. Beispielsweise würde dort die Bewirtschaftung schlecht zugänglicher Flächen ohne die Biodiversitätsbeiträge eher aufgegeben; dadurch würden Flächen verbuschen, was auch eine Gefahr für den Arten- und Lebensraumreichtum darstellt.
 

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Biodiversitätsindikator «Mittlere Anzahl Pflanzenarten» pro 10 m2 in «vergleichbaren Kontrollflächen aus-serhalb der BFF» (rot), in BFF Q1 (grau) und in BFF Q2 (blau) in der Agrarlandschaft pro Untersu-chungsquadrat. Im Sömmerungsgebiet können keine BFF Q1 angemeldet werden.


Die Ergebnisse der oben beschriebenen Untersuchungen zeigen zwar, dass das Förderkonzept grundsätzlich funktioniert. Jedoch zeigen weitere Ergebnisse zusätzlicher Untersuchungen, dass das Potenzial bei der Förderung der Biodiversität im Grünland noch nicht ausgeschöpft ist. Beispielsweise sollte die ursprüngliche Vegetation des Grünlandes stärker berücksichtigt werden (Riedel et al. 2019). Weiter zeigen die ALL-EMA-Daten, dass eine Kombination aus begünstigenden abiotischen Umweltbedingungen (z. B. Neigung, Exposition, Anzahl Regentage) und eine tiefe Bewirtschaftungsintensität die Anzahl Pflanzenarten in BFF am stärksten positiv beeinflusst. Um die Förderung der Biodiversität zu optimieren, müssten daher die landwirtschaftlichen Praktiken an die lokalen Bedingungen angepasst werden (standortangepasste Landwirtschaft). Weitere signifikante Einflussfaktoren der Arten- und Lebensraumvielfalt waren eine grosse Vielfalt an Kleinstrukturen und die Zugehörigkeit zu einem Vernetzungsprojekt.

Ausblick

Die Datengrundlage von ALL-EMA bietet viele Möglichkeiten, um mit zusätzlichen Datenquellen zu abiotischen Umweltbedingungen und Bewirtschaftungsinformationen mehr über die Einflussfaktoren zu erfahren und damit wertvolle Antworten auf Fragestellungen aus Praxis, Politik und Wissenschaft geben zu können. Zudem werden erste Aussagen zur Entwicklung der Biodiversität auf landwirtschaftlich genutzten Flächen ab 2025 möglich.

Eliane Meier, Gisela Lüscher und Eva Knop, Agroscope, Forschungsgruppe Agrarlandschaft und Biodiversität.
Jérôme Frei, BLW, Fachbereich Agrarumweltsysteme und Nährstoffe

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