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COVID-19-bedingt werden Verhandlungsrunden im Moment virtuell durchgeführt. Dies klappt bisweilen gut, allerdings konnten die Verhandlungen nicht mit allen Partnern wie gewünscht fortgeführt werden. Dennoch ist das Jahr 2021 wegweisend für den Bereich der Freihandelsabkommen: Mit dem Partnerschaftsabkommen zwischen den EFTA-Staaten und Indonesien werden erstmals Konzessionen für ein Produkt an die Einhaltung von Nachhaltigkeitsstandards gebunden.
 

Um den Marktzugang zu verbessern und eine Diskriminierung auf ausländischen Märkten bestmöglich zu verhindern, ist es für die Schweiz unabdingbar, moderne und umfassende Freihandelsabkommen abzuschliessen. Dies ist insbesondere vor dem Hintergrund der weltweit zunehmenden regionalen Liberalisierungsbestrebungen sowie der global zunehmenden politischen Unsicherheit wichtig.

Neben der Konvention der Europäischen Freihandelsassoziation (EFTA-Konvention) und dem Freihandelsabkommen mit der EU umfasst das Netzwerk der Schweiz 32 Abkommen mit 42 Partnern. Im Normalfall wurden diese Abkommen im Rahmen der EFTA abgeschlossen. Aufgrund der unterschiedlichen Agrarpolitiken und Sensitivitäten der einzelnen EFTA-Staaten (Island, Liechtenstein, Norwegen, Schweiz) verhandelt jedes EFTA-Mitglied die Bestimmungen über den Zugang zu den Agrarmärkten innerhalb dieser Abkommen selber. Die Schweiz strebt eine gezielte Liberalisierung an, die mit den Zielen der Landwirtschaftspolitik vereinbar ist. Konzessionen betreffen insbesondere Zollreduktionen für nicht sensible Produkte (z. B. tropische Früchte) sowie präferenzielle Importmöglichkeiten innerhalb bestehender WTO-Zollkontingente (z. B. Fleisch oder Früchte/Gemüse). Im Gegenzug bemüht sich die Schweiz um möglichst weitgehende Konzessionen für Schweizer Agrarprodukte mit hohem Exportpotenzial wie Käse und andere Milchprodukte, alkoholfreie Getränke, Kaffee, Schokolade und Zuckerwaren.

Den Anliegen der Gesellschaft soll auch in Freihandelsabkommen Rechnung getragen werden. Wichtige Themen wie Nachhaltigkeit und Tierwohl werden mit den Partnerstaaten angesprochen und soweit möglich in die Abkommen integriert.

Aktuelle Entwicklungen bei den Freihandelsabkommen im Rahmen der EFTA

Abgeschlossene Verhandlungen

Gegen das 2018 unterzeichnete wirtschaftliche Partnerschaftsabkommen zwischen Indonesien und den EFTA-Staaten wurde das Referendum ergriffen und es kam am 7. März 2021 zu einer Volksabstimmung. Das Abkommen wurde mit einer Mehrheit von 51,7% knapp angenommen. Hauptanliegen der Referendumsinitianten waren Bedenken bezüglich der Nachhaltigkeit von Palmöl. Diesen Bedenken konnte mit der Verordnung zur Einfuhr von nachhaltig produziertem Palmöl, die konkrete Umsetzungsbestimmungen vorsieht, Rechnung getragen werden. Das Abkommen soll am 1. November 2021 in Kraft treten.

Im August 2018 konnten die Verhandlungen mit den Mercosur-Staaten (Argentinien, Brasilien, Paraguay, Uruguay) in der Substanz abgeschlossen werden. Im Bereich der Landwirtschaft beinhaltet das Abkommen Zugeständnisse für die wichtigsten Exportprodukte der Mercosur-Staaten (Fleisch, Rotwein, einige Futtermittel). Im Gegenzug hat die Schweiz für Käse, Getränke und Produkte der Nahrungsmittelindustrie einen präferenziellen Zugang erhalten. Darüber hinaus verpflichteten sich die Vertragsparteien einen Dialog über Lebensmittelsysteme, nachhaltige Landwirtschaft und Tierschutz aufzunehmen. Nicht tarifäre Bestimmungen für die Einfuhr von Lebensmitteln und landwirtschaftlichen Erzeugnissen bleiben bestehen, um den Anforderungen der KonsumentInnen an gesunde Produkte gerecht zu werden.

Das ursprünglich 1992 mit Israel abgeschlossene Freihandelsabkommen wurde im Bereich des bilateralen Agrarhandels modernisiert und am 1. August 2021 in Kraft gesetzt.
 

Laufende Verhandlungen

Die EFTA-Staaten verhandeln derzeit mit Indien, Malaysia, Vietnam sowie Moldova. Mit den bestehenden Freihandelspartnern Chile und der Südafrikanischen Zollunion (SACU) wird eine Modernisierung der Abkommen angestrebt.

Malaysia: Die Verhandlungen laufen seit 2014, wurden jedoch aufgrund der politisch instabilen Lage Malaysias immer wieder unterbrochen. Für Malaysias ist der Marktzugang für Palmöl eines der Hauptanliegen. Diesbezüglich unterstrich die Schweiz die politische Sensitivität sowie die damit verbundene Nachhaltigkeitskonditionalität und stellte klar, dass das Abkommen mit Indonesien das maximal Machbare darstelle.

Vietnam: Die 2012 begonnenen Verhandlungen verlaufen schleppend. Die letzte volle Verhandlungsrunde fand 2018 statt. Das von Vietnam mit der EU abgeschlossene Abkommen ist am 1. August 2020 in Kraft getreten. Die Hoffnung besteht, dass Vietnam sich nun auf die EFTA-Verhandlungen konzentrieren kann.

Moldova: Die Verhandlungen wurden im Frühling 2021 aufgenommen. Moldova scheint ein pragmatischer Partner, der an einem schnellen Abschluss interessiert ist. Im Bereich der Landwirtschaft befindet sich der gegenseitige Handel auf einem tiefen Niveau. Die Hauptexporte – Walnüsse auf der Seite Moldova’s sowie Babymilchpulver auf Seite der Schweiz – scheinen nicht sensitiv zu sein. Ein Abschluss der Verhandlungen dürfte spätestens 2022 erfolgen.

Südafrikanische Zollunion (SACU): Das Abkommen besteht seit 2008 und soll nun aufgrund der spezifischen Interessen beider Parteien im Bereich des Agrarhandels revidiert werden. Während dem die EFTA einige neue Themen wie Nachhaltigkeit ins Abkommen einfügen möchte, weigert sich die SACU-Delegation, über den klassischen Rahmen des Güterhandels hinauszugehen.  

Chile: Im Herbst 2019 wurden die Verhandlungen zur Modernisierung des seit 2004 bestehenden Freihandelsabkommens aufgenommen. Chile ist an einem verbesserten Markzugang für Agrarprodukte, insbesondere Wein, interessiert. Auf Schweizer Seite ist der Schutz von geographischen Herkunftsangaben ein wichtiges Anliegen. Der COVID-19-Pandemie zum Trotz konnte in den virtuell geführten Verhandlungen gute Fortschritte erzielt werden. Ein baldiger Abschluss scheint möglich.
 

Explorationen

Mit Thailand und dem Kosovo sollen baldmöglichst Verhandlungen für ein Freihandelsabkommen aufgenommen werden.

Weiter werden Kontakte zu verschiedenen Staaten in Asien und Subsahara-Afrika gepflegt.

Kilian Widmer, Fachbereich Handelsbeziehungen

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