Wahrnehmung der Digitalisierung durch Landwirte und Landwirtinnen
Die Digitalisierung ist eine gesamtgesellschaftliche Entwicklung, die auch vermehrt auf die Landwirtschaft zukommt. Eine Befragung von Agroscope aus dem Jahr 2019 zeigt: Digitale Technologien werden in der Schweizer Landwirtschaft häufig genutzt, wenn Landwirte und Landwirtinnen einen konkreten Nutzen davon haben und der Entwicklung gegenüber positiv eingestellt sind.
In der Landwirtschaft werden schon heute einzelne digitale Technologien wie der Melkroboter häufig genutzt. Der Umgang mit digitaler Technik wird jedoch immer mehr fester Bestandteil der täglichen Arbeit. Das heisst, der Beruf des Landwirts wandelt sich, neue Kompetenzen sind nötig. Das wirft Unsicherheiten auf und löst Skepsis aus.
Technische Innovationen verändern die landwirtschaftlichen Praktiken. In den letzten Jahren hat sich die Digitalisierung zu einem Megatrend entwickelt. Verschiedene Begriffe werden dafür verwendet, wie «Landwirtschaft 4.0», «Smart farming», «Precision farming» und andere. Häufig hat es mit Vernetzung und mit Automatisierung zu tun.
Die Entwicklung von Technologien, Analyseoptionen, Wissen sowie gesellschaftlichen und rechtlichen Rahmenbedingungen unterliegen Veränderungen und Einflüssen. Das führt auch dazu, dass sich die Definition der Digitalisierung in der Landwirtschaft und das Verständnis der einzelnen Akteure wandelt.
Zum Begriff «Digitalisierung»
Die Ergebnisse aus einer schriftlichen Befragung und einer Gruppendiskussion aus dem Jahr 2019 durch Agroscope zeigen, was Schweizer Landwirte und Landwirtinnen unter «Digitalisierung in der Landwirtschaft» verstehen und was sie damit in Verbindung bringen.
«Was fällt Ihnen ein, wenn Sie „Digitalisierung in der Landwirtschaft“ hören?»
Quelle: Reissig 2020 (schriftliche Befragung von Betriebsleitern (n = 34) von landwirtschaftlichen Betrieben in der deutschsprachigen Schweiz)
Je grösser gezeichnet, desto häufiger wurde dieser Punkt erwähnt; farbliche Unterscheidungen dienen der besseren Lesbarkeit.
Die Wortwolke zeigt: Nach der Erwähnung digitaler Technologien, verwendeter Software und digitaler Aufzeichnungen wurde am dritthäufigsten das Thema «Kontrolle, Rückverfolgbarkeit und Verknüpfung» erwähnt. Dies legt nahe, dass die Landwirte und Landwirtinnen zunächst die einzelnen Technologien, aber auch den vernetzten Charakter der Digitalisierung in der Landwirtschaft wahrnehmen.
Welche Technologien nutzen die Landwirte und Landwirtinnen?
Digitale Technologien / Software allgemein | Digitale Technologien auf die Landwirtschaft bezogen | Landwirtschaftliche Software |
Handy / Smartphone Desktop Computer Laptop GPS Kameras Photovoltaik-Anlagen Biogasanlagen Software Apps E-Banking Sensoren Roboter Internet Datenaustausch Papierloses Büro Daten | Tränkeautomat Fütterungsautomat GPS-gesteuerter Traktor Spurführsysteme Melkroboter Brunfterkennung Herdenmanagementsystem Drohne DJI Mavic (Viehbeobachtung auf der Alp) Präzise Steuerung von Ausbringmengen Einstreuen Digitale Wetterstation im Obstbau | E-Feldkalender IPS Smart Cow Agate Kantonale Datenerhebung Behandlungsjournal Beef Net AgroTwin Strukturdatenerhebung Tierverkehrsdatenbank Zeit- und Leistungserfassung Reservationssysteme |
Quelle: Reissig 2020 (aus schriftlicher Befragung und Gruppendiskussion); Kategorien der Antwort von „Welche digitalen Technologien verwenden Sie?»
Rund 70 % der Befragten verwenden digitale Technologien auf dem Betrieb, etwa 40 % planen neue oder zusätzliche anzuschaffen. Die meisten Landwirte und Landwirtinnen nutzen ein Mobiltelefon und fühlen sich daher an der Digitalisierung der Landwirtschaft beteiligt. Einzelne nutzen komplexere Anwendungen wie Melk- oder Fütterungsroboter. Die Digitalisierung in der Landwirtschaft kann sich also auch langsam und Schritt für Schritt in die eigene Betriebsarbeit integrieren.
Positive Einstellung und Technikaffinität erleichtern Einstieg und Nutzung
Rund 50 % der Landwirte und Landwirtinnen stehen der Digitalisierung positiv gegenüber (vgl. folgende Abbildung). Technikaffinität fördert hierbei eine positive Einstellung, dies ist verbunden mit einer häufigeren Nutzung digitaler Technologien.
Einstellung der Landwirte und Landwirtinnen gegenüber der Digitalisierung in der Landwirtschaft
Das deutet darauf hin, dass eine positivere Einstellung gegenüber den digitalen Technologien einen Einstieg erleichtern kann.
Gründe für und gegen die Nutzung und Anschaffung digitaler Technologien
Gründe dafür | Gründe dagegen |
Personalmangel Wirtschaftlichkeit Vereinfachung Arbeitserleichterung Zeitersparnis Bessere Aufzeichnungen Wenn einfache Bedienung möglich ist Wenn EINE BetriebsApp für alles Es ist eine normale Entwicklung Effizienzsteigerung Pflanzenschutzmitteleinsparungen Freude an Technik Verständnis für digitale Technologien Reiz des Neuen Gesundheitliche Gründe | Mehr Zeitaufwand als ohne Ärger weil es nicht funktioniert Hohe Investitionskosten Fehlende Kompetenz Unerwünschte Änderung des Berufsbildes Vorhandene Technik nicht abgeschrieben Fehlende Datensicherheit Technik nicht ausgereift Abhängigkeit Alter Unpassender Betriebstyp Abhängigkeit von gutem Servicepersonal Berührungsängste Fehlendes Vertrauen Nutzen nicht sichtbar Bringt mehr Stress |
Quelle: Reissig 2020
Die befragten Landwirte und Landwirtinnen haben leicht mehr Gründe gegen als für die Nutzung digitaler Technologien erwähnt. Neben den objektiven Gründen spielen auch Einstellungen und Haltungen eine Rolle. Für die eher technikbegeisterten Landwirte und Landwirtinnen scheint der Einstieg leichter und naheliegender. Für andere liegt das Argument nahe, dass die Digitalisierung in der Landwirtschaft gar nicht von ihnen gewünscht oder benötigt wurde.
Fakt ist: Die technische Entwicklung geht weiter. Sich selbstbestimmt dem Thema Digitalisierung in der Landwirtschaft zu nähern, kann den eigenen Handlungsspielraum vergrössern. Es lohnt sich.
Linda Reissig, Agroscope
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