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Die Urner Reussebene wurde im Jahre 1919 einer Melioration unterzogen. Mit Gewässerkorrektionen, Entwässerungen und Weganlagen schuf man die Voraussetzungen, um die Böden besser zu nutzen und den landwirtschaftlichen Ertrag zu steigern. Das Jahrhundertbauwerk ist in die Jahre gekommen und muss dringend umfassend erneuert werden. Mit dem Projekt «Grundlagenbeschaffung» nach landwirtschaftlicher Strukturverbesserungsverordnung wurde in den Jahren 2019 und 2020 ein erster wichtiger Schritt dazu getan.
 

Bis vor dem Ersten Weltkrieg war die Ebene von Erstfeld bis nach Flüelen am Urnersee eine Sumpf- und Riedlandschaft. Regelmässig trat dort die Reuss über die Ufer und überflutete das Gebiet. Im Jahre 1919 fasste deshalb die damalige Landsgemeinde den Beschluss, die vernässten Böden der Urner Reussebene zu meliorieren. Es entstand die Meliorationsgenossenschaft Reussebene Uri (MGR), eine öffentlich-rechtliche Bodenverbesserungsgenossenschaft. Zweck der Genossenschaft ist es, seit 100 Jahren den landwirtschaftlich genutzten Boden zwischen Erstfeld und Flüelen rechtsseitig der Reuss zu entwässern. Der Perimeter umfasst eine Fläche über 700 Hektaren. Mittlerweile sind grosse Teile des Einzugsgebietes überbaut, liegen in der Bauzone oder es wurden Verkehrs-Infrastrukturen neu erstellt oder ausgebaut. Die Entwässerungsleitungen sind am Ende ihrer Lebensdauer und die Schäden nehmen zu.
 

Grosser Handlungsbedarf

Die MGR ersetzte ihre defekten Leitungen in der Regel selber. Mit der Zeit ist damit ein Flickwerk entstanden, weil eine systematische Erneuerung des Entwässerungssystems nie erfolgt ist. Im Siedlungsgebiet sind viele Leitungen durch die Bautätigkeit zerstört worden.
 

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Meliorierte Böden angrenzend an die Bauzone (Foto MGR)


Das Anliegen der Genossenschaft, die Vorfluter (Bäche) zur eigenen Entlastung an den Kanton abtreten zu können, scheiterte 2014. Das Amt für Landwirtschaft schlug darauf der MGR vor, ein Projekt gemäss landwirtschaftlicher Strukturverbesserungsverordnung zur Grundlagenbeschaffung auszuarbeiten. In Zusammenarbeit mit dem kantonalen Amt für Landwirtschaft wurden die Problembereiche aufgelistet und Ziele formuliert. Der Kredit von 650 000 Franken für das Projekt «Grundlagenbeschaffung» wurde an der Generalversammlung vom 5. April 2018 genehmigt. Mit dem Projekt werden folgende Ziele verfolgt:

  • Zustand des über 100-jährigen Leitungssystems aufnehmen und analysieren. Dazu werden drei Kategorien definiert: a) sofortige, dringende Sanierung; b) Ersatz der Leitungen mittelfristig und c) keine Massnahme.

  • Zustand der Leitungen mittels Kanalfernsehaufnahmen erheben und dokumentieren.

  • Leitungspläne überprüfen und bei Ungenauigkeit der Leitungslage neu vermessen. Ein aktueller, digitaler Leitungskataster soll erstellt werden und die Nachführung ist zu regeln.

  • Perimeter neu definieren. Es ist anzustreben, das Entwässerungssystem zu entflechten und die Teilflächen des Perimeters, welche im Baugebiet liegen, aus der Genossenschaft zu entlassen.


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Erdloch über einer Drainage, entstanden durch langjährige Ausspülung (Foto MGR)


Problemlösung

Wegen der unterschiedlichen und komplexen Verhältnisse wurde die Umsetzung der «Grundlagenbeschaffung» in einzelne Etappen aufgeteilt. Die erste Etappe, Schattdorf, steht kurz vor dem Abschluss. Anfangs 2019 und 2020 wurden die Feldarbeiten wie Spülen der Leitungen und die Aufnahmen mit der Kanalfernsehkamera gemacht. Erste Erkenntnisse zeigen, dass einige Leitungen noch gut funktionieren, andere hingegen dringend zu sanieren sind. Vereinzelt sackte der Boden gar lokal ein, da Feinanteile des Bodens durch Drainagen weggeschwemmt wurden. Viele Leitungen im Siedlungsgebiet existieren nicht mehr oder wurden vermutlich auch nicht im Umfang des damaligen Projektes ausgeführt. Die Kommunikation mit den betroffenen Grundeigentümern und Bewirtschaftern ist enorm wichtig und darf nicht vernachlässigt werden. Eine Begleitgruppe koordiniert das Vorgehen und tauscht sich regelmässig aus.
 

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Pumpstation der Meliorationsgenossenschaft mit Trafostation (Foto MGR)


Fazit

Die Entwässerung der Urner Reussebene ist nach über hundert Jahren in Vergessenheit geraten. Die Datengrundlagen zum Werk und dessen Zustand müssen überprüft, ergänzt und teilweise neu erhoben werden. Mit dem Projekt «Grundlagenbeschaffung» nach landwirtschaftlicher Strukturverbesserungsverordnung wird ein erster wichtiger Schritt getan, um diese Lücken zu schliessen. Auf dieser Basis wird es möglich sein, konkrete Projekte in Angriff zu nehmen, und die Meliorationsgenossenschaft wird es schaffen, ihre wichtige Aufgabe auch zukünftig erfolgreich ausführen zu können.

Alois Ulrich, Leiter Abteilung Meliorationen, Kanton Uri
alois.ulrich@ur.ch

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